Hefewasser machen – “Hefe selber machen” Schritt für Schritt erklärt

Hefewasser ist gerade in aller Munde. Denn Hefe selber machen ist mit dieser Methode gar nicht schwer. Man braucht ein paar wenige Zutaten und ein bisschen Zeit – und dann hat man immer einen nahezu unerschöpflichen Vorrat an Hefe zu Hause. „Hefe selber machen” ist dabei ein bisschen irreführend formuliert – man macht nämlich keine Hefe. Hefen sind einzellige Pilze, die sich durch Sprossung und Teilung vermehren. Bei den meisten Rezepten, die von „Hefe machen“ sprechen, geht es um die Vermehrung wilder Hefen. Wilde Hefen sind quasi „überall“. Man muss nur einen Weg finden, sie gezielt zu vermehren, um dann mit ihnen Backhefe ersetzen zu können. Hefewasser, auch fermentiertes Wasser genannt, ist eine gute Methode, um das zu erreichen. 

Was mich an den meisten Beiträgen zu Hefewasser massiv gestört hat, als ich es das erste mal machen wollte: Die Ungenauigkeit der Angaben. Mein erstes Hefewasser landete im Ausguss, weil ich mir statt Hefe- nur Schimmelpilze herangezüchtet hatte – und ich hatte keine Ahnung, wieso. Heute weiß ich, worauf es ankommt und ich möchte wetten, dass mir so etwas nicht mehr so schnell passiert. Genau dieses Wissen möchte ich mit euch teilen, auch, wenn es jetzt teilweise vielleicht ein bisschen „trocken“ wird. Glaubt mir, es lohnt sich!

Übersicht


Die Spielregeln

Das Arbeitsmaterial / Hygiene
All euer Arbeitsmaterial muss absolut sauber sein. Das klingt selbstverständlich, sollte aber wirklich penibel beachtet werden. Sprich: die Flasche am besten direkt vor dem Befüllen noch ein mal mit kochendem Wasser ausspülen, den Deckel gründlich reinigen, Löffel, Trichter etc. kurz mit kochendem Wasser überspülen und anschließend nur abtropfen lassen. Gründliches Hände waschen nicht vergessen! Dank der Corona-Pandemie wissen wir ja jetzt alle, wie wir sie nicht nur sauber, sondern rein kriegen.
Alle 2-3 Monate sollte das Hefewasser außerdem in eine frische, saubere Flasche umziehen.

Die perfekten Zutaten
Die besten Erfahrungen habe ich mit Leitungswasser, ungeschwefelten, getrockneten Bio Medjool-Datteln – diese haben z.B. ein gutes Preis- Leistungsverhältnis* (*Affiliatelink) – und Bio Rohrzucker gemacht. Andere Trockenfrüchte sind auch geeignet, müssen aber unbedingt ungeschwefelt sein. Ich habe von anderen gelesen, dass sie ihr Hefewasser mit frischem Obst wie z.B. Apfel machen. Damit habe ich selbst jedoch keine Erfahrung.
Viele schwören auf stilles Mineralwasser oder gefiltertes Wasser zur Herstellung des Hefewassers, doch obwohl unser Wasser aus dem Hahn sehr hart ist, habe ich persönlich keine Unterschiede feststellen können. Mit Rohrzucker habe ich jedoch deutlich bessere Erfahrungen gemacht, als mit „weißem“ Zucker. 

Die perfekte Flasche / das optimale Gefäß
Zur Aufbewahrung des Hefewasser eignen sich Plastikflaschen theoretisch sehr gut, da das Hefewasser Gase bildet und so Druck aufbaut, was man bei einer Plastikflasche gut erkennen kann. Wenn sie sich aufbläht, öffnet man den Verschluss einfach kurz und lässt das Gas entweichen. Plastik hat jedoch den Nachteil, dass man es nicht auskochen kann. Und es ist halt nun mal Plastik.
Da ich nicht gerne Plastikflaschen verwende, nehme ich stattdessen eine Glasflasche, auf die ich einen Weinverschluss wie diesen* (*Affiliate-Link) locker auflege. So kann nichts in die Flasche gelangen, aber wenn sich zu viel Gas bildet, kann es einfach entweichen. Vor dem Schütteln muss der Verschluss natürlich ein mal fest aufgesteckt werden.
Ich kann nur ausdrücklich von der Verwendung vollständig geschlossener Flaschen (Bügel- oder Drehverschluss) abraten. Diese können unter dem entstehenden Druck platzen!

Die Temperatur der Zutaten
Wenn ihr das Hefewasser ansetzt und immer, wenn ihr Wasser dazugebt, dann sollte das Wasser 25-29 °C haben. Die Früchte/Datteln sollten außerdem Zimmertemperatur haben. 

Der optimale Aufbewahrungsort
Der Ort, an dem ihr euer Hefewasser aufbewahrt, sollte möglichst konstant die gleiche Temperatur haben. Die Temperatur sollte optimalerweise zwischen 25-29 °C liegen, jedoch auf keinen Fall unter 20 °C oder deutlich über 30 °C. Meine Küche hat im Schnitt eher 23 °C, dadurch braucht mein Hefewasser manchmal 1-2 Tage länger, um richtig in Schwung zu kommen. Bei unter 20 °C gehen die Hefepilze in Winterschlaf, bei 28 °C vermehren sie sich optimal und deutlich über 30° C sterben sie irgendwann einfach ab. 
Am Besten eignen sich meiner Erfahrung nach hoch gelegene Regale o.ä. in der Küche, die nicht zu nah am Fenster und nicht zu nah am Herd/Ofen gelegen sind, da sonst beim Lüften und/oder kochen und backen die Temperatur zu stark schwankt. Die Küche sollte in kalten Monaten nachts nicht auskühlen.

Die tägliche Pflegeroutine
Das Hefewasser möchte am Liebsten mindestens ein mal morgens und abends gut geschüttelt werden. Gerne auch öfter. Im Ernst: Bitte nicht vergessen, zu schütteln! Vorher sollte man den Deckel öffnen um Druck abzulassen und auch danach müssen die Gase, die das fermentierte Wasser bildet, frei gelassen werden.


Das Ansetzen des Hefewassers

Hefe-Wasser machen ist eigentlich ganz einfach. Hier das Rezept mit Anleitung: 

Rezept für 900 ml neu angesetztes Hefewasser

900 ml lauwarmes Wasser (25-29 °C)
2 Bio Medjool Datteln (diese haben ein gutes Preis- Leistungsverhältnis /*Affiliatelink)
1 EL Bio Rohrzucker

500 ml lauwarmes Wasser, die Datteln und den Rohrzucker in eine saubere Flasche (s. Spielregeln) abfüllen, die Flasche schließen und schütteln, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Die Flasche dann ein mal öffnen und nur noch locker verschließen (s. Spielregeln) und an einen warmen Ort (s. Spielregeln) stellen.

Diesen Ansatz vier Tage „ziehen“ lassen. In dieser Zeit mindestens zwei mal täglich die Flasche erst öffnen, dann fest verschließen, gut schütteln und vorsichtig wieder öffnen, um eventuell gebildete Gase entweichen zu lassen.

Am vierten Tag noch ein mal 400 ml Wasser lauwarmes Wasser auffüllen und das Wasser gut schütteln.

Das Hefewasser weitere 4 Tage zwei mal täglich nach bekanntem Verfahren schütteln. 

Fertig!

Zur Veranschaulichung haben wir hier auch ein Video gedreht, dass nicht so genau und ausführlich ist, aber vermutlich einige Verständnisfragen klärt:


Backen mit Hefewasser

Ich sag’s jetzt mal, wie es ist, auch, wenn das erst mal enttäuschend klingt: 

Faustformeln, wieviel Hefewasser man verwenden sollte, um z.B. einen Würfel Backhefe zu ersetzen, sind pures Raten. Ein gerade frisch angesetztes Hefewasser hat weniger Triebkraft, als ein älteres, gut gepflegtes Hefewasser. Niemand kann euch von außen sagen, wie viel genau das ist, es sei denn, er ist Hellseher.

Aber die gute Nachricht ist: Das ist eigentlich gar nicht schlimm.
Wenn ich mit dem Hefewasser backe, mache ich aus einem Teil der Flüssigkeit, die im Rezept vorgesehen ist, einen Vorteig mit Hefewasser. Alles ab 150 ml Hefewasser hat bisher immer gut funktioniert. 

Das bedeutet: Ich entscheide, wieviel Flüssigkeit aus dem jeweiligen Rezept ich durch Hefewasser ersetzen kann und möchte und mache damit einen Vorteig nach folgendem Prinzip:
Nehmen wir an, das Teigrezept sieht 500 ml Wasser vor: dann nehme ich 150 ml meines frisch durchgeschüttelten Hefewassers und verrühre es mit der gleichen Menge Mehl – also in meinem Fall mit 150 g Mehl. Diesen Vorteig lasse ich für 12 Stunden oder über Nacht bei Zimmertemperatur abgedeckt gehen und verknete ihn danach mit allen restlichen Zutaten (die Menge Flüssigkeit und Mehl, die ich für den Vorteig verwendet habe natürlich abgezogen) zu meinem normalen Teig. Danach verfahre ich einfach weiter nach Rezept.

Anstatt mit genauen Hefemengen, kann man immer auch mit der Gehzeit des Teiges arbeiten. Das heisst konkret: Steht im Rezept „Den Teig zwei Stunden gehen lassen, bis er sich verdoppelt hat“, schaue ich nach 2 Stunden in die Schüssel und wenn er sich noch nicht verdoppelt hat, dann gebe ich ihm etwas mehr Zeit. Das hat außerdem den Vorteil, das länger gegangene Hefeteige deutlich besser schmecken und verträglicher sind. 

Beim Backen sollten vom Hefewasser immer mindestens 100 ml in der Flasche übrig bleiben, damit man es weiter pflegen kann und nicht ständig neu ansetzen muss.

Ganz wichtig: Wenn ihr mit Hefewasser arbeitet, sollte niemals (!) zusätzliche Hefe in den Teig gegeben werden. Backhefe und Hefewasser vertragen sich nicht und euer Teig wird in dieser Kombination komplett kaputt gehen.


Aufbewahrung und Pflege von Hefewasser

Wenn euer Hefewasser „fertig“ ist und ihr es gerade nicht braucht, fühlt es sich in der Kühlschranktür am Wohlsten. Durch die Bewegung der Tür reicht es dann auch, wenn es hin und wieder mal geschüttelt wird. Die Früchte kann man einfach in der Flasche lassen und bis zu zwei Wochen Lagerung sind kein Problem. Vor der Verwendung sollte das Hefewasser aus dem Kühlschrank geholt werden und Zimmertemperatur annehmen können. 

Die kleine Auffrischung
Nach meiner Erfahrung sollte das Hefewasser etwa alle 2-3 Wochen mit einem TL Rohrzucker aufgefrischt werden (Zucker dazugeben und schütteln, bis er sich aufgelöst hat) und bei Zimmertemperatur (wie immer optimal 25-29 °C) stehen, bis es wieder anfängt zu schäumen. Danach kann man es direkt weiterverwenden.

Die große Auffrischung
Alle 2-3 Monate sollte das Hefewasser „groß“ aufgefrischt werden. Dazu gebe ich das Hefewasser durch ein feines Sieb (kein Tuch o.ä.!), um die Fruchtreste zu entfernen. 100 ml des gesiebten Hefewassers kommen in eine frische Flasche (s. Spielregeln) und werden dann wieder mit 2 getrockneten Bio Datteln (oder den Früchten, für die ihr euch entscheidet), einem Teelöffel Rohrzucker und 500 ml lauwarmen Wasser aufgefüllt. Das Hefewasser erneut schütteln, bis sich der Zucker aufgelöst hat und bei Zimmertemperatur (s. Spielregeln) stehen lassen, bis es wieder Bläschen bildet und schäumt. Dann kann es direkt wieder verwendet werden.
Die herausgesiebten Fruchtreste können püriert und nach dem gleichen Prinzip, wie das Hefewasser (s. Backen mit Hefewasser) zu Backteigen hinzugeben werden. Sie haben i.d.R. äußerst viel Triebkraft – meist sogar mehr als das Hefewasser selbst!


Test zur Triebkraft des Hefewassers

Wenn ihr euch nicht sicher seid, wie gut euer Hefewasser gerade „funktioniert“, weil es noch sehr jung ist oder ihr es ein bisschen länger gelagert habt, dann ist es sinnvoll, einen kurzen Triebkraft-Test zumachen. Dazu werden einfach 10 ml vom Hefewasser mit 10 g Mehl verrührt und für 12 Stunden an einem warmen Ort stehen gelassen. Wenn sich nach 12 Stunden der Teig verdreifacht hat, ist das Hefewasser bereit. Ansonsten muss es aufgefrischt werden.


Ist mein Hefewasser noch gut? 

Gerade, wenn man noch keine Erfahrungen mit Hefewasser gesammelt hat, kommt die Frage, ob es „gut“ immer mal wieder auf.
Hefewasser riecht im besten Fall ein bisschen wie frischer Wein, kann aber, je nachdem, wie man es ansetzt auch andere Geruchsnoten annehmen. Wie es aussieht, variiert massiv. Auch mein Hefewasser verändert seine Optik gelegentlich etwas. Am Boden der Flasche setzt sich jedoch immer eine milchige Masse ab. Genau diese Masse wollen wir haben – das muss also so sein. 

Wenn euer Hefewasser schimmelt, was passieren kann, wenn man es sehr lange nicht schüttelt, dann solltet ihr es entsorgen. Genau das Selbe gilt, wenn es wirklich ekelhaft-verdorben stinkt. Ihr seid euch nicht sicher, ob der Geruch, den ihr wahrnehmt in die Kategorie „ekelhaft-verdorben“ gehört? Dann tut er es nicht. Glaubt mir: Wenn es so wäre, dann wüsstet ihr es sofort.

Sollte euer Hefewasser tatsächlich in irgendeiner Form verdorben sein, dann einfach einen neuen Versuch starten und dabei möglichst penibel arbeiten. Solange ihr euch an die „Spielregeln“ aus diesem Beitrag haltet, sollte das allerdings nicht vorkommen.


Wichtig: Dieser Beitrag ist keine wissenschaftliche Abhandlung über Hefewasser. Er basiert auf meinen persönlichen Erfahrungen und ich habe versucht, eine verständlichere und übersichtlichere Erklärung zum Thema Hefewasser zu verfassen, als ich bisher selbst vorgefunden habe.
Zu sehr spezifischen Fragen (“Ich möchte gerne mein Hefewasser mit frischen Äpfeln und Honig machen und dann im Keller lagern, wie gehe ich da vor?”) kann ich euch vermutlich keine befriedigende Antwort liefern – das von mir getestete und beschriebene Verfahren ist das, was für mich am Besten funktioniert und das ich euch nur ans Herz legen kann.
Verständnisfragen beantworte ich gerne in den Kommentaren. Bitte habt Verständnis, das auch ich ein ganz normaler Mensch mit einem ganz normalen Leben bin und deswegen nicht immer zügig antworten kann. Ich gebe mein Bestes! 🙂

Alles Liebe,
Mia

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  1. Funktioniert prima vielen Dank für die ausführliche Beschreibung – ich habe mich an Deine Beschreibung gehalten und nach drei Tagen war das Hefewasser schon schön trüb. Problem mit dem Druck in der Glasflasche gab es keinen, ich habe sie ab und an einfach kurz geöffnet. Ein Parallelansatz mit 100ml Hefeweizenbier, 10gr Mehl und einem Teelöffel Rohrzucker hat auch funktioniert, hat aber länger gebraucht.

  2. Anna-Helen Giese says:

    Hallo Mirja, danke für dein guten Erklärungen. Die Temperatur Infos habe ich so noch nie gelesen, dass ist super. Ich mach es kurz. 5 Versuche sind gescheitert bisher, an der Triebkraft des Hefe Wassers. Bei meinen Tests habe ich sowohl Vollkorn als auch normales Mehl verwendet. Maximal das Doppelte ist der Teig aufgegangen, in relativ kurzer Zeit. Aber dann war Schluss. Auch ein nach Zuckern des H.-Wassers brachte nicht den Erfolg. Bei mir sind es max23° da tut sich schon was nach der angegebenen Zeit. Ist das Hefewasser am besten wenn es dolle Sprudelt. Was aber einen Tag später wieder weg sein kann. Vielleicht hast du einen Tipp. Ich bin mittlerweile ratlos. Herzliche Grüße Anna-Helen

    1. Hallo Anna-Helen,
      puh, das mit den Diagnosen zum Hefewasser ist immer ein bisschen so wie Ferndiagnosen beim Arzt – man stochert immer ein bisschen im Trüben!
      Die “Sprudelkraft” des Wassers selbst sagt nach meiner Erfahrung nur bedingt etwas über die Triebkraft aus. Wenn dein Hefewasser nicht so richtig Triebkraft entwickeln will und du dich ansonsten genau an die Anleitung gehalten hast, kann es helfen, das Wasser öfter “groß” aufzufrischen – also sowohl mit Zucker, als auch mit Früchten. Zwischendurch immer mal wieder einen Triebkraft-Test machen. Die Kulturen sind leider nicht immer so berechenbar, wie man das gerne hätte und je nach Ausgangsmaterial, kann es einfach länger dauern bzw. mehr Pflege bedürfen. Die große Auffrischung würde ich auf jeden Fall über einen gewissen Zeitraum versuchen, bevor ich das Wasser in den Wind/den Ausguss hinunter schieße 🙂

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